home news forum careers events suppliers solutions markets expos directories catalogs resources advertise contacts
 
News Page

The news
and
beyond the news
Index of news sources
All Africa Asia/Pacific Europe Latin America Middle East North America
  Topics
  Species
Archives
News archive 1997-2008
 

Projekt zur Bohnen-Vielfalt: IPK-Wissenschaftlerin setzt auf Bürgerbeteiligung


Germany
January 15, 2020

Eine möglichst gesunde Ernährung ist vielen Menschen immer wichtiger. Damit geraten automatisch auch Hülsenfrüchte wie Bohnen stärker in den Blickpunkt. Im EU-Projekt INCREASE setzen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei auf die Mithilfe möglichst vieler Menschen. Die Bürgerbeteiligung läuft dabei über eine App, erklärt Dr. Kerstin Neumann, Leiterin der Arbeitsgruppe Automatisierte Pflanzenphänotypisierung am IPK.
 


Die Vielfalt bei Bohnen fällt sofort ins Auge. Foto: IPK/ Elena Mazon
 

  • Frau Neumann, im EU-Projekt INCREASE, an dem das IPK beteiligt ist, beschäftigen Sie sich mit Hülsenfrüchten und wollen auch möglichst viele Bürgerinnen und Bürger einbinden. Worum geht es genau?

An dem INCREASE-Projekt, das fünf Jahre läuft, sind 26 Partner aus 14 Ländern beteiligt. Im Zentrum stehen dabei Leguminosen, also Hülsenfrüchte wie Bohnen, Kichererbsen, Linsen und Lupinen. Ziel des Citizen-Science-Moduls im EU Projekt ist es, das Wissen über die Biodiversität von Bohnen zu vergrößern, aber gleichzeitig auch die Bürgerinnen und Bürger bei der Erfassung von Merkmalen wie Wachstum, Aussehen, Blütezeitpunkt und Geschmack einzubeziehen, um so eine möglichst große Datenbasis zu bekommen.

  • Warum konzentrieren Sie sich dabei gerade auf Bohnen? Das erscheint für viele auf den ersten Blick nicht so besonders spannend und innovativ zu sein.

Nun, die Garten- oder Ackerbohne ist zunächst einmal die wichtigste Nahrungsleguminose weltweit für den direkten menschlichen Verzehr und auch die am meisten konsumierte in Europa. Dabei ist die Nachfrage in den vergangenen Jahren gestiegen ist. In Europa werden mehr als 544.000 Hektar mit Bohnen bebaut, mit einer Produktion von 1,9 Millionen Tonnen Bohnen werden größtenteils als Körnerfrucht (Trockenbohnen) oder Frischgemüse (grüne Bohnen) angebaut. Doch nicht nur das: Aufgrund ihrer Fähigkeit zur Stickstofffixierung haben Bohnen auch positive Auswirkungen auf den Boden.

  • Die Bohne liegt also voll im Trend. Aber was sind die Hoffnungen, die Sie mit dieser Hülsenfrucht verbinden?

Die Aufnahme von pflanzlichem Eiweiß durch den Menschen nimmt in der EU zu. Daher gibt es eine steigende Nachfrage, die einher geht mit einem wachsenden Interesse an möglichst gesunden und umweltfreundlichen Lebensmitteln. Um auf all das reagieren zu können, müssen die vorhandenen genetischen Ressourcen im Bereich der Nahrungsleguminosen richtig genutzt werden. Die Erhaltung und Charakterisierung dieser genetischen Ressourcen und ihre Nutzung in der Züchtung bilden den Kern für die Entwicklung einer nachhaltigeren Landwirtschaft und gesünderer Lebensmittel.

  • Das klingt so, als sei die Bohne für viele Menschen eine große Unbekannte, in der jedoch noch viel Potenzial schlummert. Bohnen sind doch aber hierzulande bekannt und beliebt, man denke nur an einen herzhaften Eintopf.

Mit dem Eintopf haben Sie natürlich Recht. Gleichwohl kommen den meisten Menschen neben den grünen Bohnen nur wenige weitere Typen in den Kopf: Kidneybohnen für Salat oder Chili Con Carne, weiße Bohnen für Suppen und vielleicht noch die schwarzen Bohnen, die meist in Lateinamerika mit Reis gegessen werden. Es sind nur noch wenige Sorten, die dafür angebaut werden. Es gibt aber sehr viel mehr Vielfalt. Viele alte Sorten sind leider aus dem Blick geraten, das Wissen über sie geht leider immer weiter verloren. Das wollen wir ändern.

  • Können Sie uns einen Eindruck von der Vielfalt vermitteln, von der Sie gerade gesprochen haben? Und wie kann die Wissenschaft auf diese Vielfalt zurückgreifen?

In den Genbanken liegen ungenutzt viele alte Sorten, so lagern in der größten Genbank der EU28 am IPK in Gatersleben mehr als 8.000 alte Bohnenmuster, die drittgrößte weltweite Bohnensammlung. Dies sind die sogenannten pflanzengenetischen Ressourcen. Sie sind quasi ein „Backup“, wenn man verlorengegangene Vielfalt zurückholen möchte. Das Problem: In den Genbanken werden die alten Sorten zwar erhalten und gehen so nicht ganz verloren. Aber sie fristen sie ein einsames Dasein in einem Einweckglas und lagern in der Kältekammer. So hat man letztlich nur wenige Informationen über diese alten Muster. Das wollen wir mit INCREASE und dem Bürgerexperiment verändern.

  • Wie sieht das für mich als Bürger ganz konkret aus?

Jeder Teilnehmer erhält nach dem Zufallsprinzip sechs Bohnensorten aus insgesamt 1000, die wir für das Bürgerexperiment ausgewählt haben. Die Samen aus den Tüten können anschließend im Garten, auf dem Balkon oder im Hinterhof angezogen werden. Es wird natürlich auch Teilnehmer geben, die Sorten gemeinsam haben. So kann man später die Daten, die von den einzelnen Teilnehmern unter unterschiedlichen Wachstumsbedingungen erhoben werden, statistisch verbinden und auswerten.

  • Wie gehen Sie dabei vor?

Alle Sorten haben sogenannte Passportdaten, wo und wie genau und wann sie in die Genbank kamen und es gibt genetische Informationen. Mit diesen lassen sich Informationen über die Verwandtschaft der Sorten erheben. Zudem wollen wir die genetischen Unterschiede mit den erhobenen Merkmalen statistisch in Verbindung setzen, um zu sehen, wo im gesamten Genom Regionen sind, die etwa mit dem Blühdatum in Verbindung stehen. Ziel ist es jedoch zuallererst die Öffentlichkeit wieder für die Vielfalt der alten Sorten zu begeistern und für das Thema der pflanzengenetischen Ressourcen zu sensibilisieren.

  • Und was muss ich tun, um bei dem Projekt mit dabei zu sein?

Zuerst einmal muss man sich registrieren - wir müssen wissen, wer ab Frühling 2021 mitmacht damit wir jetzt über Winter das Saatgut entsprechend verschicken können. Die Registrierung, aber auch alle weiteren Schritte, laufen über die eigens für das Projekt entwickelte kostenlose App INCREASE CSA, die auch in deutscher Sprache verfügbar ist. Wer dabei sein will, braucht also nur ein Smartphone, egal ob dies ein Apple- oder ein Android-Modell ist.

  • Gibt es dabei Fristen und wichtige Dinge, die ich bedenken muss?

Ja, wer dieses Jahr mitmachen möchte, sollte sich bis zum 31.01.2021 über die App registriert haben. Damit haben wir noch genug Zeit haben, das Saatgut an alle Teilnehmer zu verschicken. Registriert man sich später, wird man automatisch vorgemerkt für den nächsten Zyklus, also 2022. Da es sich beim Saatgut um Material aus der Genbank handelt, muss ein sogenanntes Transferagreement (Standard Material Transfer Agreement, SMTA) akzeptiert werden, was im Wesentlichen besagt, dass das Material nicht zu gewerblichen Zwecken genutzt wird. Dieser Aspekt ist uns sehr wichtig. Damit schaffen wir eine nach internationalen Maßstäben anerkannte Rechtskonformität. Auch diese rechtlichen Schritte erfolgen über die App, wenn man zum Mitmachen ausgewählt wurde.

  • Welche Merkmale meiner Bohne muss ich dann erfassen?

Wie ist die Blütenfarbe, wie sehen die Hülsen aus, wie die Bohnen? Sind sie groß oder klein, rund oder lang oder vielleicht kidneybohnenförmig? Blüht die Sorte früh oder spät? Wieviel Bohnen habe ich von dieser Sorte ernten können? Schmeckt sie im Salat oder ist sie eine leckere Beilage oder für Suppen geeignet? Das sind alles Fragen, die uns interessieren. Man braucht aber keine Angst haben, wenn man manche Merkmale nicht erheben kann, weil keine Zeit oder gar die Pflanze eingegangen ist. Jedes Merkmal, dass erhoben wird, ist besser als gar keines.

  • Habe ich die Möglichkeit, auch mit anderen Teilnehmern in Kontakt zu treten?

Natürlich - und das ist auch gewollt. Über die App soll eine Bürgercommunity entstehen, in der sich alle über ihre Erfahrungen austauschen und auch Bilder ihrer Pflanzen hochladen können. Und die alten Sorten, die sie von uns bekommen, können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer natürlich weiter nutzen. Wir wollen ja, dass die alten Muster wieder angebaut werden und nicht nur im Weckglas in der Genbank stehen.

  • Bleibt noch die Frage, welche Bohnen Sie am liebsten essen.

Ich mag am liebsten die schwarzen Bohnen aus Lateinamerika, die dort meist mit Reis gegessen werden.

Infos zum Projekt [link]https://www.pulsesincrease.eu

Infos zur App: [link]https://www.pulsesincrease.eu/experiment/app

 



More news from: IPK Gatersleben - Leibniz Institute of Plant Genetics and Crop Plant Research


Website: http://www.ipk-gatersleben.de

Published: January 15, 2021

The news item on this page is copyright by the organization where it originated
Fair use notice


Copyright @ 1992-2024 SeedQuest - All rights reserved